Steuerhinweis für Rentner Nr. 131 www.helmutlaser.com 1.8.2020
Steuerliche Vergünstigungen und Freibeträge für (Schwer-)Behinderte
Vorbemerkung
Nicht nur im zunehmenden Alter, sondern auch in jungen Jahren sind viele Personen durch Krankheit, Unfall oder gar seit Geburt behindert, so dass sie der Hilfe bedürfen und ihre Behinderung zusätzliche Aufwendungen erfordern, die sie z. T. erheblich belasten.
Das Ertragsteuerrecht erhebt die Steuer grundsätzlich nach der Leistungsfähigkeit des Bürgers. Es trägt den gegenüber der Allgemeinheit bestehenden außergewöhnlichen Belastungen durch vielfältige Sonderregelungen und Freibeträge Rechnung. Bereits mit der Steuerinfo für Rentner Nr. 3 vom 11.3.2007 wurden die damaligen Regelungen zusammenfassend dargestellt. Sie haben sich bis heute nur unwesentlich verändert. Da die Krankheitskosten sich aber inzwischen erheblich erhöht haben, hat das Bundeskabinett zum 1.1.2021 eine Verdoppelung der bestehenden Freibeträge für Steuerpflichtige mit Behinderungen und pflegende Angehörige geplant und Vereinfachungen beim Nachweis der Belastungen vorgesehen. Nachfolgend sollen die wesentlichen Regelungen und deren Änderungen aufgezeigt und den geltenden Vorschriften gegenübergestellt werden.
Die Vorschläge bedürfen natürlich noch der Verabschiedung durch Bundestag und Bundesrat.
1. Pauschbeträge für behinderte Menschen (§ 33 b Abs. 1 bis 3 EStG)
Wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die einem behinderten Menschen unmittelbar infolge seiner Behinderung erwachsen, kann er einen Behinderten-Pauschbetrag geltend machen (§ 33 b EStG), der nach dem Grad der Behinderung gestaffelt ist. Dieser Pauschbetrag wird an Stelle einer Steuerermäßigung für außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG gewährt und erspart dem Behinderten den Einzelnachweis der Kosten und ist außerdem nicht durch eine zumutbare Eigenbelastung beschränkt bzw. gemindert.
Den Pauschbetrag erhalten derzeit behinderte Menschen, deren Behinderung
- auf mindestens 50% festgestellt ist. Der Anspruch ist durch einen Schwerbehindertenausweis oder durch einen Bescheid der zuständigen Behörde zu führen.
- auf weniger als 50%, aber mindestens auf 20% (bisher 25%) festgestellt ist, wenn eine der folgenden Voraussetzung erfüllt wird (§ 65 Abs. 2 EStDV):
a) Dem Behinderten stehen wegen seiner Behinderung nach gesetzlichen Vorschriften Renten oder andere laufende Bezüge zu. Das gilt auch, wenn der Anspruch durch Zahlung eines Kapitals abgefunden wurde. Der Nachweis ist durch den Rentenbescheid eines Versorgungsamtes oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung zu führen. Der Rentenbescheid der gesetzlichen Rentenversicherung für Arbeiter bzw. Angestellten genügt nicht.
b) Die Behinderung hat zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt oder beruht auf einer typischen Berufskrankheit. Dieses ist durch eine Bescheinigung der für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörde nachzuweisen.
Das Finanzamt ist an diese Nachweise als Grundlagenbescheid gebunden.
Die bestehende Regelung für Behinderungen mit weniger als 50% wird in die neue Staffelregelung ab 1.1.2021 aufgenommen und dadurch erheblich vereinfacht. Die sich daraus ergebenden Verbesserungen sind aus der Tabelle ablesbar.
geltendes Recht neues Recht ab 1.1.2021
Grad der Behinderung | Pauschbetrag in € | Grad der Behinderung | Pauschbetrag in € |
20 | 0 | 20 | 384 |
25 und 30 | 310 | 30 | 620 |
35 und 40 | 430 | 40 | 860 |
45 und 50 | 570 | 50 | 1140 |
55 und 60 | 720 | 60 | 1440 |
65 und 70 | 890 | 70 | 1780 |
75 und 80 | 1060 | 80 | 2120 |
85 und 90 | 1230 | 90 | 2460 |
95 und 100 | 1420 | 100 | 2840 |
Für Blinde und behinderte Personen, die hilflos sind, soll der Pauschbetrag von z.ZT. 3.700 € auf 7.400 € verdoppelt werden. Gleichzeitig wird im Gesetz erstmals definiert, wer als hilflos gilt. Hilflos ist danach eine Person, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Laufe eines jeden Tages fremder Hilfe bedarf. Das gilt auch, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.
Die obigen Beträge sind Jahresbeträge und auch zu gewähren, wenn die Voraussetzungen nur in einem Teil des Kalenderjahres vorgelegen haben. Bei Änderung des Behinderungsgrades ist der jeweils höhere Pauschbetrag anzusetzen.
Durch diese Pauschbeträge werden die typischen durch die Behinderung laufend entstehenden Kosten abgegolten. Entstehen nachgewiesenermaßen höhere Kosten, die selbst unter Abzug der zumutbaren Eigenbelastung zu einem höheren Abzug führen, kann an Stelle des Pauschbetrages auch die Steuerermäßigung für außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG geltend gemacht werden.
Neben dem Pauschbetrag können bestimmte Aufwendungen zusätzlich als außergewöhnlich Belastungen nach § 33 EStG geltend gemacht werden. Dieses gilt für außerordentliche Krankheitskosten wie z. B. Kosten einer Operation und für Heilkuren.
2. Behinderungsbedingte Fahrtkosten
Bei einer Behinderung von mindestens 80% oder bei Geh- und Stehbehinderung mit mehr als 70% können bisher auch angemessene PKW-Kosten beantragt werden (bei Nachweis der Gehbehinderung 0,30 € Kilometersatz bis zu 3.000 km im Kj. ohne Einzelnachweis). Anstelle der PKW-Kosten können ggf. auch Taxikosten berücksichtigt werden.
Diese durch Verwaltungserlass bestehende Regelung soll ab 2021 durch eine gesetzliche Pauschalregelung (neuer Abs. 2a in § 33 EStG) wie folgt ersetzt werden:
„Für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten wird künftig nur ein Pauschbetrag gewährt.
„Den behinderungsbedingter Fahrtkosten-Pauschbetrag erhalten:
a. Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem
Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“,
b. Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“ oder mit dem
Merkzeichen „H“.
Bei Erfüllung dieser Anspruchsvoraussetzungen beträgt der Pauschbetrag im Fall a 900 Euro und
im Fall b 4 500 Euro (In diesem Fall kann der Pauschbetrag von 900 € nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden).
Über diesen Fahrtkosten-Pauschbetrag hinaus sind keine weiteren behinderungsbedingten Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Absatz 1 EStG berücksichtigungsfähig. Der Pauschbetrag ist bei der Ermittlung des Teils der Aufwendungen im Sinne des § 33 Absatzes 1, der die zumutbare Belastung übersteigt, einzubeziehen.“
Er kann auch gewährt werden, wenn ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Absatz 5 übertragen wurde.“
3. Hinterbliebenen-Pauschbetrag (§ 33 b Abs. 4 und 5 EStG)
Ein Hinterbliebenen-Pauschbetrag von 370 € wird Personen gewährt, wenn die Hinterbliebenenbezüge geleistet werden
o nach dem Bundesversorgungsgesetz oder vergleichbarer Gesetze,
o nach den Vorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung,
o nach beamtenrechtlichen Vorschriften infolge eines Dienstunfalls oder
o nach Vorschriften des Bundesentschädigungsgesetzes.
Der Nachweis ist durch den Rentenbescheid des Versorgungsamtes oder einen entsprechenden Bescheid zu erbringen.
4. Pflege-Pauschbetrag (§ 33 b Abs. 6 EStG)
Ein Pflege-Pauschbetrag von 924 € kann nach geltendem Recht an Stelle einer Steuerermäßigung gem. § 33 EStG gewährt werden, wenn dem Steuerpflichtigen, der die Pflege durchführt, Aufwendungen dadurch entstehen, dass er eine Person pflegt, die nicht nur vorübergehend hilflos ist. Personen sind hilflos, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Die Hilfe muss im Inland in der Wohnung des Steuerpflichtigen oder des Pflegebedürftigen erfolgen. Sie kann auch in Form einer notwendigen Überwachung oder Anleitung geschehen, wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Der Pauschbetrag ist auch zu gewähren, wenn bei einer Heimunterbringung der Hilfsbedürftige nur am Wochenende in der Wohnung der Pflegeperson von dieser betreut wird. Er ist ferner zu gewähren, wenn ein Ehegatte den hilflosen anderen pflegt.
Werden mehrere Personen für den Pflegebedürftigen tätig, ist der Pauschbetrag nach der Zahl der Pflegepersonen aufzuteilen. Voraussetzung für die Gewährung des Pauschbetrages ist, dass die Pflegeperson im Zusammenhang mit der Pflege keine Einnahmen erhält, sei es als steuerfreie Vergütung oder als Aufwendungsersatz. Die Weiterleitung des Pflegegeldes an die Pflegeperson ist für die Gewährung des Pauschbetrages dann unschädlich, wenn die Mittel für den Pflegebedürftigen lediglich treuhänderisch verwaltet und die tatsächliche Verwendung für ihn nachgewiesen wird, dabei dürfen typische Unterhaltskosten nicht berücksichtigt werden.
Erhalten Angehörige oder Personen, die sich zur Pflege im Sinne des § 33 Abs. 2 EStG sittlich verpflichtet fühlen, Einnahmen für Leistungen zur Grundpflege oder hauswirtschaftlichen Versorgung, so sind diese gem. § 3 Nr. 36 EStG bis zur Höhe des Pflegesatzes nach § 37 des elften Buches Sozialgesetzbuch einkommensteuerfrei. Entsprechendes gilt, wenn der Pflegebedürftige aus einer privaten Versicherung Pflegegeld nach den Vorgaben des Sozialgesetzbuches oder Pauschalbeihilfen nach Beihilfevorschriften für häusliche Pflege erhält.
Diese Vorschrift soll ab 1.1.2021 durch folgende Regelung ersetzt werden, die auch die Pflegestufen berücksichtigt:
„Wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die einem Steuerpflichtigen durch die Pflege einer Person erwachsen, kann er anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 einen Pauschbetrag geltend machen (Pflege-Pauschbetrag), wenn er dafür keine Einnahmen im Kalenderjahr erhält und der Steuerpflichtige die Pflege entweder in seiner Wohnung oder in der Wohnung des Pflegebedürftigen persönlich durchführt und diese Wohnung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat gelegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist. Zu den Einnahmen nach Satz 1 zählt unabhängig von der Verwendung nicht das von den Eltern eines Kindes mit Behinderungen für dieses Kind empfangene Pflegegeld.
Als Pflege-Pauschbetrag wird gewährt
bei Pflegegrad 2 600 Euro
bei Pflegegrad 3 1 100 Euro
bei Pflegegrad 4 oder 5 1 800 Euro.
Ein Pflege-Pauschbetrag von 1.800 € wird auch gewährt, wenn die gepflegte Person hilflos im Sinne des § 33b Absatz 3 Satz 4 ist. Bei erstmaliger Feststellung, Änderung oder Wegfall des Pflegegrads im Laufe des Kalenderjahres ist der Pflege-Pauschbetrag nach dem höchsten Grad zu anzusetzen, der im Kalenderjahr festgestellt war. Gleiches gilt, wenn die Person die Voraussetzungen nach Satz 4 erfüllt. Sind die Voraussetzungen nach Satz 4 erfüllt, kann der Pauschbetrag nach Satz 3 Nummer 1 und 2 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.
Voraussetzung für die Gewährung des Pflege-Pauschbetrags ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) der gepflegten Person in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen. Wird ein Pflegebedürftiger von mehreren Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum gepflegt, wird der Pflege-Pauschbetrag nach der Zahl der Pflegepersonen, bei denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen, geteilt.“
Die Vorschrift des § 33b Absatz 6 soll erstmals ab Veranlagungszeitraum 2021 angewendet werden und ist ab Ende 2026 zu evaluieren.
Helmut Laser