Steuerhinweis für Rentner Nr. 143 www.helmutlaser.com 20.07.2021
Kampf gegen grenzüberschreitende Steuergestaltungen, Steuervermeidung
und Steueroasen
A.Vorbemerkung
Seit Jahren wird beklagt, dass es weltweit agierenden Unternehmen möglich ist, für ihre in Deutschland erwirtschafteten Gewinne die notwendigen Steuerzahlungen zu vermeiden bzw. zu umgehen. Obgleich dieses Thema bei deutschen Großunternehmen schon immer Gegenstand der regelmäßig durchgeführten Konzernbetriebsprüfungen war, haben auch in der Presse dargestellte ungerechte Besteuerungen insbesondere im grenzüberschreitenden Bereich dieses Problem divers thematisiert (z.B.Cum/Cum-Gestaltungen). Die deutsche Steuerverwaltung, aber auch die EU, haben daher in diesem Jahr durch Gesetzesinitiativen und Verwaltungserlasse versucht, der Steuerflucht und Steuervermeidung Einhalt zu gebieten. In dieser Steuerinfo soll der Versuch gemacht werden, die diversen steuerlichen Problemfelder im Zusammenhang darzustellen und dem normalen Steuerbürger verständlich zu machen.
Folgende Schreiben des Bundesfinanzministeriums haben diese Themen in diesem Jahr zum Gegenstand gehabt:
a) 24.03.2021 Gesetzentwurf zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie
b) 29.03.2021 Anwendungs-Vorschriften über die Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen
c) 31.03.2021 Gesetzentwurf eines Steueroasen-Abwehrgesetzes
d) 01.07.2121 Maßnahmen zur Beendigung der Arbeitsausbeutung und Schwarzarbeit
e) 01.07.2121 Einigung auf OECD-Ebene auf einen einheitlichen Mindeststeuersatz von 15%
f) 09.07.2121 Steuerliche Behandlung von „Cum/Cum-Transaktionen“
g) 14.07.2121 Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise
h) 14.07.2121 Wirtschaftliche Zurechnung bei Wertpapiergeschäften (Wertpapierleihe)
B. Beschreibung der Maßnahmen
1. Gesetzentwurf gegen Steuervermeidung
Am 24.3.2021 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf gegen Steuervermeidung beschlossen, der u.a. den mehrfachen Abzug von Betriebsausgaben verhindern oder ganz versagen soll, wenn die entsprechenden Einnahmen nicht besteuert werden.
Durch Reform der Hinzurechnungsbesteuerung soll die angemessene Besteuerung von in anderen Ländern niedrigbesteuerter Einkünfte bei grenzüberschreitend agierenden (Konzern-) Unternehmen erreicht werden.
2. Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen
Mit der EU-Richtlinie 2018/822 vom 25.5.2018 war geregelt worden, dass die EU-Mitgliedstaaten bis zum 31.12.2019 eine Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen sowie einen diesbezüglichen zwischenstaatlichen Informationsaustausch einführen müssen. Da die Richtlinie ab 1.7.2020 anzuwenden ist, hat Deutschland in einem Gesetz zur Einführung der Mitteilungspflicht vom 21.12.2019 die entsprechenden nationalen Gesetze (z.B. § 138 d ff. der Abgabenordnung, EU-Amtshilfegesetz und das Finanzverwaltungsgesetz) mit Wirkung ab dem 1.1.2020 geändert.
Zu der Anwendung der Vorschriften über die Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen hat das Bundesfinanzministerium am 29.3.2021 ein umfangreiches Anwendungsschreiben herausgegeben. Dieses regelt, welche Steuern auf das EU- Amtshilfegesetz Anwendung finden und welche nicht. Der Anwendungsbereich betrifft alle Ertragsteuern (ESt, KöSt, GewSt) und Grunderwerb-, KFZ-, Grund-, Versicherungs-, Erbschafts- und Schenkungssteuer. Die Regelung gilt jedoch nicht für die Umsatzsteuer, Zölle, harmonisierte Verbrauchsteuern und Gebühren.
3. Entwurf eines Steueroasen-Abwehrgesetzes
Am 31.3.2021 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Steueroasen-Abwehrgesetzes beschlossen. Damit sollen nicht kooperierende Staaten und Steuergebiete zur Vermeidung der Steuerflucht dazu angehalten werden, Anpassungen in Richtung einer Beachtung internationaler Standards im Steuerbereich u.a. durch Verschärfung der Hinzurechnungsbesteuerung und der Quellensteuermaßnahmen vorzunehmen.
4. Beendigung der Arbeitsausbeutung und Schwarzarbeit
Durch Unterzeichnung einer Rahmenvereinbarung soll die Zusammenarbeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung, der gewerkschaftsnahen Beratungsstellen für ausländische Beschäftigte sowie der Servicestelle gegen Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel verbessert und das Unterlaufen des Arbeits- und Sozialrechts noch konsequenter bekämpft werden.
5. Bekämpfung des schädlichen Steuerwettbewerbs in der EU durch eine einheitliche Mindeststeuer von 15%
Die fortschreitende Digitalisierung hat u.a. dazu geführt, dass durch aggressive Steuerplanungen und durch Verlagerung von Gewinnen aus Hoch- in Niedrigsteuerländer insbesondere Konzerne ihre Gewinne nicht dort besteuern, wo die Gewinne erwirtschaftet werden, sondern dort, wo sich der Sitz des Unternehmens befindet. Durch eine globale Mindeststeuer von 15 % soll in Zukunft sichergestellt werden, dass die großen Konzerne ihren fairen Anteil an der Finanzierung des Gemeinwohls leisten.
Die OECD hat am 1.7.2021 mit 139 Staaten auf Arbeitsebene eine breite Einigung auf einen einheitlichen Mindeststeuersatz und faire Verteilrechte erzielt, welche die G20-Staats- und Regierungschefs am 9./10. Juli 2021 in Venedig bestätigt haben. Einige EU-Mitglieder haben sich ihre Zustimmung noch vorbehalten, insbesondere Länder wie Ungarn und Irland, deren Steuerquote bei 10,8 bzw. 12,5 % liegt. Demgegenüber beträgt die Steuerquote bei deutschen Kapitalgesellschaften mit 15% Körperschaft und ca. 15 % Gewerbesteuer fast 30 %. Lediglich Japan und Malta haben eine höhere Belastung.
6. Die steuerliche Behandlung von „Cum/Cum-Transaktionen“
Das Bundesfinanzministerium hat am 9.7.2021 durch Neufassung seines Schreibens vom 17.7.2017 die steuerliche Behandlung von „Cum/Cum-Transaktionen“ umfassend geregelt mit dem Ziel, die ungerechtfertigten Steuervorteile dieser Geschäfte zu beseitigen. Neben der Begriffsbestimmung der Cum/Cum-Transaktion und -Gestaltungen sowie der Strukturierten Wertpapierleihe werden Grundsätze der materiell-rechtlichen Beurteilung von Cum/Cum- Gestaltungen erläutert und für beispielhafte Fallgestaltungen die steuerlichen Folgen dargestellt.
7. Verwaltungsgrundsätze zu den Verrechnungspreisen
Mit BMF-Schreiben vom 15.7.2021 gibt die Finanzverwaltung über 44 Seiten die Verwaltungsgrundsätze für Verrechnungspreise bekannt und hebt bisherige BMF-Schreiben und Anwendungsvorschriften vom 23.2.1983 und späterer Jahre auf.
Das aktuelle BMF-Schreiben legt in
Kapitel I die Grundsätze für die Korrektur von Einkünften gem. § 1 AStG fest und beschreibt in Kapitel II die Bedeutung der OECD-Verrechnungspreisrichtlinie für die Prüfung der grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen.
Kapitel III behandelt die Leitlinien zu diversen Begriffen und Maßnahmen.
Kapitel IV erörtert weitere allgemeine Grundsätze.
8. Zurechnung von Wertpapieren bei Wertpapiergeschäften und -gestaltungen (Leihe)
Das BMF-Schreiben vom 9.7.2021 regelt die Zurechnung von Wertpapiergeschäften und ergänzt insoweit auch die Regelungen lt. Ziffer 6 für „Cum/Cum-Geschäfte“. Es erläutert den Begriff „Wertpapierleihe“ und regelt die wirtschaftliche Zuordnung und die Rechtsfolgen bezüglich der bilanziellen Betrachtung beim Darlehnsnehmer und Darlehensgeber. Ferner regelt es die Anrechnung der Kapitalertragsteuer und beschreibt das Schreiben anhand von Beispielen den Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO.
C. Zusammenfassung
Mit den dargestellten Maßnahmen wurden die auch von der Bundesregierung für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im 2. Halbjahr 2020 vorgesehenen steuerpolitischen Schwerpunkte in Angriff genommen und z.T. umgesetzt. Dabei wurden auf europäischer Ebene die Mitteilungspflicht grenzüberschreitender Steuergestaltungen und der einheitliche Mindeststeuersatz im ersten Halbjahr 2021 beschlossen. Die weiteren Verwaltungserlasse geben zudem die Hoffnung, dass auch in der Bundesrepublik und darüber hinaus durch diverse Maßnahmen ein wesentlicher Schritt in mehr Steuerehrlichkeit und -gerechtigkeit eingeleitet wurde und nunmehr umgesetzt wird.
Helmut Laser