Steuerhinweis für Rentner Nr.73         vom 02.06.2016 

Bis wann und in welchem Verfahren (mit Vordrucken oder durch Datenfernübertragung) ist die Einkommensteuererklärung ans Finanzamt einzureichen?

1.
Vorbemerkung
Ein niedersächsisches Finanzamt hat einen Steuerpflichtigen (Rentner) schriftlich darauf hingewiesen, dass gem. § 25 Abs.4 EStG bereits ab 1.1.2013 die Pflicht besteht, Einkommensteuererklärungen auf elektronischem Weg authentifiziert abzugeben, wenn Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit (Gewinneinkünfte) erzielt werden und es sich nicht um einen der Veranlagungsfälle gem. 
§ 46 Abs. 2 Nr. 2 bis 8 EStG handelt. 
Das Finanzamt kann auf Antrag zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine Übermittlung durch Datenfernübertragung verzichten.

Was bedeutet dieses nun für die Abgabe der einzelnen Steuererklärung bei Einkommensteuerpflichtigen, die die Steuererklärung nicht per ELSTER ermitteln und ans Finanzamt abgeben wollen oder nicht können, weil sie kein dafür geeignetes Gerät (PC, Laptop usw.) zur Verfügung haben. 

2. Wer muss überhaupt eine Einkommensteuererklärung abgeben?
Grundsätzlich hat jeder Steuerpflichtige für den Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) bis zum 31.5. des Folgejahres eine eigenhändig unterschriebene Einkommensteuererklärung (bei zusammenzuveranlagenden Ehegatten gemeinsam) zu erstellen und auf amtlich vorgeschriebenem Datensatz zu übermitteln.

Besteht das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen ist, so wird eine Veranlagung nur in folgenden Fällen durchgeführt (§ 46 Abs. 4 EStG), so dass auch nur dann eine Steuererklärung abzugeben ist:

a) Elektronische Steuererklärung ist vorgeschrieben
Steuererklärungspflicht besteht, wenn die Summe der positiven Einkünfte, von denen keine Lohnsteuer einbehalten wurde, nach Abzug des Altersentlastungsbetrages mehr als 410 € betragen hat. Dieser Fall wird z.B. auch bei höheren BFA-Renten vorliegen, so dass dann eine elektronische Steuererklärung notwendig ist, wenn das Finanzamt im Einzelfall nicht darauf verzichtet (Antrag stellen).

b) Keine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben
Die Veranlagung ist auch in folgenden Fällen vorgeschrieben, ohne dass eine Pflicht zu elektonischen Erklärung besteht, so dass in diesen Fällen die Steuererklärung auf einem amtlichen Vordruck manuell erstellt und eingereicht werden kann:

  • Es wurde von mehr als einem Arbeitgeber Arbeitslohn bezogen, 
  • beide Ehegatten haben Arbeitslohn bezogen und einer hatte die Steuerklasse V oder VI, 
  •  auf der Lohnsteuerkarte war ein Freibetrag eingetragen, 
  • bei getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten sind Kinder-Vergünstigungen zu berücksichtigen, 
  • vom Arbeitgeber wurden Entschädigungen oder Arbeitslohn für mehrere Jahre ermäßigt besteuert, 
  • vom Arbeitgeber wurde Lohnsteuer für einen sonstigen Bezug berechnet,
  • die Ehe wurde im Veranlagungszeitraum durch Tod, Scheidung oder Aufhebung aufgelöst und er oder sein Ehegatte hat im Veranlagungsjahr wieder geheiratet,
  • eine Veranlagung wird beantragt zur Anrechnung von Lohnsteuer auf die Einkommensteuer.


c) Für Personen, die keinen Arbeitslohn bezogen haben, besteht eine Erklärungspflicht per Datenfernübertragung, wenn ihre steuerpflichtigen Einkünfte (z. B. aus BfA- Renten, Kapitalerträgen oder Vermietung und Verpachtung) die gesetzlichen Freibeträge übersteigen und zu einer Steuerfestsetzung führen. Ist keine Steuerfestsetzung zu erwarten, sollte eine Befreiung von der Erklärungspflicht beim Finanzamt beantragt werden.


d) Wenn Kirchensteuer auf Kapitalerträge, bei der Abgeltungssteuer nicht mit erhoben wurde.
Wurde bei einem Kirchensteuerpflichtigen bei Einbehaltung der Abgeltungssteuer durch das Kreditinstitut kein Kirchensteuerzuschlag auf die Kapitalertragsteuer erhoben, besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der Erklärung zur Festsetzung der Kirchensteuer durch das Finanzamt. Diese ist grundsätzlich zusammen mit der Einkommensteuererklärung (ggf. per Datenfernübertragung) einzureichen.


3. Antragsrecht
Personen, die nach den unter 2 a und c genannten Kriterien nicht verpflichtet sind, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, können dennoch ein Interesse an einer Veranlagung haben. Insbesondere in folgenden Fällen kann der Antrag auf Veranlagung zu Erstattungen führen:
- Das Dienstverhältnis hat im Kalenderjahr nicht ununterbrochen bestanden oder der Arbeitslohn war schwankend und der Arbeitgeber hat dieses nicht bereits im Arbeitgeber-Jahresausgleich berücksichtigt. 
⦁ Es sollen noch Werbungskosten und Sonderausgaben geltend gemacht werden, was insbesondere bei Rentnern von Bedeutung ist, weil der Sonderausgaben-Vorababzug in aller Regel nicht mehr durch Arbeitgeberanteile eingeschränkt wird.
⦁ Negative Einkünfte aus anderen Einkunftsarten oder Verlustabzüge aus anderen Jahren sollen berücksichtigt werden. 
⦁ Einbehaltene Abgeltungssteuer soll im Rahmen einer Günstigerprüfung angerechnet und ggf. erstattet werden. 
⦁ Wer einen Antrag auf Arbeitnehmer-Sparzulage stellen möchte, ohne zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet zu sein, muss hierzu dennoch den Einkommensteuer-Hauptvordruck ausfüllen und die Anlagen N und VL beifügen.

In diesen Fällen des berechtigten Interesses des Steuerbürgers muss eine Steuererklärung bis spätestens 31.12.2010 beim Finanzamt eingehen. Diese Frist kann nicht verlängert werden (Ausschlußfrist). In diesen Fällen besteht grundsätzlich eine Verpflichtung zur elektronischen Datenübermittlung (Steuererklärung), wenn keines der unter 2. genannten Ausnahmekriterien vorliegt.


4. Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens
Mit dem Gesetzentwurf vom 3.2.2016, dem der Bundesrat am 12.5.2016 zugestimmt hat, sollen ab 1.1.2017 die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und die rechtsstaatlichen Erfordernisse des Steuervollzugs gesichert werden. Neben einer Vereinfachung und erleichterten Handhabung des Besteuerungsverfahrens (neue Fristen und Verzicht auf Beifügung von Belegen) durch mehr Serviceorientierung und nutzerfreundlichere Prozesse soll die umfassende  Nutzung der Systeme zur Abgabe "elektronischer Steuererklärungen" (z. B. ELSTER) angestrebt werden. Dazu wird sicherzustellen sein, dass die Anwendung des ELSTER-Programms oder ähnlicher Programme durch gängige Hardware und Software ermöglicht wird und die Steuerbürger nicht gezwungen werden, ihre Steuererklärung durch Angehörige der steuerberatenden Berufe kostenpflichtig durchführen zu lassen (z. B. ältere Personen, die mit moderner Kommunikation nicht umzugehen gelernt haben).

Helmut Laser