Steuerinfo für Rentner Nr. 81                                                                            21.10.2016

  Steuerfragen bei Trennung und Scheidung (Realsplitting)

1.Vorbemerkung
Trennungen und gar Scheidungen werden immer häufiger und sind auch im hohen Alter keine Seltenheit mehr. In den Nachkriegsjahren waren Paare schnell geneigt, eine Ehe einzugehen und auch beizubehalten. Wenn in den 60iger Jahren dieses häufig notwendig war, um eine Wohnung mieten zu können, waren die steuerlichen Vorteile einer Einkommensteuer- Zusammenveranlagung über viele Jahre auch ein Grund, die Ehe einzugehen. Heute spielt eine Zusammenveranlagung oft keine große Rolle mehr, weil die Partner in der Regel eigene Einkünfte haben und bei gleich hohen Einkünften die gemeinsame Steuerveranlagung ihren Steuervorteil verliert. Dennoch führt insbesondere der progressiv steigende Steuertarif vielfach zu Überlegungen, welche Möglichkeiten, Steuern zu sparen, auch im Trennungsfall genutzt werden können.

2. Die Zusammenveranlagung
Ehegatten werden grundsätzlich zusammen veranlagt. In diesem Fall werden die Einkünfte der Ehegatten in einer gemeinsamen Steuererklärung erklärt und für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens zusammengerechnet. Für die Berechnung der Steuer wird das zu versteuernde Einkommen dann halbiert (gesplittet), darauf nach der Einkommensteuer-Grundtabelle die Steuer abgelesen und diese dann verdoppelt.  Da der Einkommensteuersatz mit steigendem Einkommen von 0% (gilt 2016 bis 8.652 €) auf 45 % für zu versteuernde Einkommen ab 254.447 € steigt, führt das Splittingverfahren zu einer geringeren Steuer als würde auf das gesamte zu versteuernde Einkommen die Grundtabelle angewendet wie dieses bei Ledigen der Fall ist.

Ehepaare werden daher nur im Ausnahmefall die getrennte Veranlagung wählen. Sie können selbst im Trennungsjahr noch die Zusammenveranlagung wählen, wenn sie in diesem Jahr noch mindestens 1 Tag zusammen gelebt haben. Haben sie das ganze Jahr getrennt gelebt, ist nur eine getrennte Veranlagung für jeden Partner möglich und der Vorteil des Ehegattensplittings entfällt.

3. Das begrenzte Realsplitting
Nach der Trennung, insbesondere nach einer Scheidung mit Gerichtsurteil, ist festzulegen, ob und in welcher Höhe der Besserverdienende dem Partner, der die geringeren Einkünfte hat, eine Unterhaltsleistung zu erbringen hat. Diese Zahlungen kann der Geber zwecks Senkung seines Progessionssteuersatzes auf Antrag bis zu 13.805 € jährlich als Sonderausgabe geltend machen. Voraussetzung ist jedoch, dass er vom Empfänger auf einem Anlagevordruck U (Unterhalt) die Zustimmung dazu einholt und dieser sich zur Versteuerung der Unterhaltsleistung in seiner Steuererklärung als sonstige Einkünfte (§ 22 EStG) bereit erklärt. Diese Steuermehrbelastung ist wegen des niedrigeren Steuersatzes geringer als der Steuervorteil des Gebers. Daher wird der Empfänger dem Verfahren lediglich zustimmen, wenn der Geber ihm diese Mehrsteuern erstattet. Leider sieht der Vordruck U eine solche Verpflichtungserklärung nicht vor, sie muss daher in einem besonderen Papier formlos vereinbart werden.
   

4. Risiken des Realsplittings
Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 1994 führen Unterhaltszahlungen auch zur Erhöhung des sozialrechtlich relevanten Einkommens des Empfängers. Das kann zur Folge haben, dass Kindergartenbeiträge, Wohngeld, Ausbildungsförderung und die Frage der kostenfreien Mitversicherung der Ehefrau in der gesetzlichen Krankenkasse des Ehemanns in der Trennungszeit davon beeinflusst sein können. Sich daraus ergebende Nachteile können das Realsplitting sinnlos machen, weil auch diese Nachteile der Ehefrau auszugleichen sind.

Für die unterhaltsberechtigte Frau kann die Zustimmung zum Sonderausgabenabzug des Mannes auch risikobehaftet sein. Da mit der Unterschrift auf dem Vordruck U die Zustimmung zum Sonderausgabenabzug des Ehemanns bis zur Kündigung auch für das Folgejahr gilt, trägt sie das Risiko der Steuerhaftung gegenüber dem Finanzamt, auch wenn der Mann dem finanziellen Ausgleich nicht oder nur verspätet nachkommt.

Da der Mann sich aber nur von Jahr zu Jahr für den Sonderausgabenabzug entscheiden kann, sollte die Zustimmung im Vordruck U jeweils nur für 1 Jahr erteilt werden und die Zustimmung für Folgejahre ggf. von einer erneuten Verpflichtungserklärung des Ehemanns oder gar von einer Vorauszahlung abhängig gemacht werden. Dieses könnte insbesondere ratsam sein, wenn zwischen dem Bescheid über die Nachzahlung der Ehefrau für die Unterhatlszahlungen und dem Bescheid für den Ehemann mit der Erstattung durch den Sonderausgabenabzug ein längerer Zeitraum liegt, für den die Ehefrau ihre Steuern auf die Unterhaltsleistungen zwischenfinanzieren muss. Um dieses Risiko für das erste Jahr der Trennung zu umgehen, könnte auch die Abgabe einer gemeinsamen Steuererklärung erwogen werden, wenn die Ehegatten sich erst nach dem 1.1. getrennt haben.

5. Beispiel für die Errechnung des Vorteils eines Realsplittings im Jahr 2016

                                                                            Ehemann                          Ehefrau

Zu versteuerndes Einkommen                           40.000 €                            10.000 €

Steuer lt. Grundtabelle 2016                                               9.311,43 €                          206,00 €

Unterhaltsleistung als Sonderausgabe               10.000 €   Zurechnung       9.898 €
                                                                                         (
nach Abzug WKP)

Zu versteuern nach Realsplitting                        30.000 €                            19.898 €

Steuer lt. Grundtabelle 2016                                               5.768,74 €                      2.672,31 €

Steuerersparnis des Ehemanns                                          3.542,69 €

Steuermehrbelastung der Ehefrau                                                                             2.466,31 €

Verbleibender Steuervorteil nach Ausgleichszahlung                     1.076,38  €                                                           

Helmut Laser