Steuerhinweis für Rentner Nr. 84                                                                                                                  15.11.2016

 

          Behandlung der Gewerbesteuer bei der Gewinnermittlung und Einkommensbesteuerung nach dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008

    (Steuerbelastungsvergleich, Gewerbeerträge zu Kapitalerträgen)

Mit dem Unternehmenssteuerreformgesetz (UntStRefG) 2008 wurde die Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe durch § 4 Abs. 5 b EStG abgeschafft. Dadurch belastete die Steuer das Ergebnis eines Unternehmens ab 2008 voll und führte auch nicht mehr zu einer Minderung bei der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer.

Als Kompensation wurde die Gewerbesteuermesszahl von 5% auf 3,5 % gesenkt und der Körperschaftsteuersatz von 25% auf 15% gemindert. Für Einzelgewerbetreibende und Personenunternehmen wurde die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer vom 1,8fachen auf das 3,8fache des Gewerbesteuermessbetrages angehoben.

Bei der Einkommensbesteuerung der Dividenden wurde das „Halbeinkünfteverfahren“ (Dividenden wurden nur zur Hälfte besteuert) durch die Abgeltungssteuer von 25% zuzüglich SabZu abgelöst.

Für Körperschaften (z. B. Kapitalgesellschaften) verminderte sich die Steuerbelastung bezogen auf das Ergebnis vor Steuern (bei einem Gewerbesteuerhebesatz der Gemeinde von 380 v.H.) von 38,16% im Jahr 2007 auf 29,13% ab 2008. Dadurch konnte die Gesellschaft eine höhere Ausschüttung generieren, die beim Anteilseigner der ab 2009 wirksamen Abgeltungssteuer zu unterwerfen ist. Bei einem von der Kapitalgesellschaft erwirtschafteten Gewinn vor Steuern von 1.000 € blieben dem Anteilseigner 2007 bei einer Gesamtsteuerbelastung von 51,86% noch 481,43 €, während sich die Steuerbelastung ab 2008 auf 47,82% reduzierte und somit dem Aktionär 521,82 € netto verblieben.

Einzelgewerbetreibende müssen ab 2008 auf den Gewinn vor Steuern im Beispielsfall 13,3% Gewerbesteuer entrichten, die sie gem. § 35 EStG bis zum 3,8fachen des Gewerbesteuermessbetrages auf die Einkommensteuer angerechnet bekommen. In diesen Fällen ist das Ergebnis vor Steuern ab einem zu versteuernden Einkommen ab ca. 53.000 € nur mit Einkommensteuer und StabZu von 43,58% (ab 250.000 € 46,74%) belastet. Es liegt damit unter der Belastung der Dividendeneinkünfte von 47,82%. Entsprechendes gilt für alle anderen Steuerpflichtigen mit hohen Einkünften, die keine Kapitaleinkünfte beziehen, die dem Sondersteuersatz der Abgeltungssteuer zu unterwerfen sind. Enthält das Einkommen auch Einkünfte, die der Abgeltungssteuer unterliegen, mindert sich die Steuerbelastung je nach Anteil dieser Kapitalerträge entsprechend.

Eine Steuerermäßigung durch Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer erfolgt gem. § 35 Abs. 1 Nr. 2 EStG auch, wenn die Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG (z. B. KG, OHG) oder als persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien zugeflossen sind.

Mit einem BMF-Schreiben vom 3.11.2016 nimmt das Bundesfinanzministerium nach Abstimmung mit den Ländern aktuell zur Anwendung des § 35 EStG Stellung.

Darin wird klargestellt, dass auf Gewerbesteuermessbeträge, die Erhebungszeiträumen zuzuordnen sind, die vor dem 1.1.2008 enden, nur der Faktor 1,8 anzuwenden ist. Die Steuerermäßigung mindert auch die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag, nicht aber den für die Kirchensteuer.

Die Ermäßigung ist begrenzt auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer. Dabei nicht ausgenutztes Anrechnungsvolumen kann nicht auf vorherige und nachfolgende Veranlagungszeiträume übertragen werden, sie sind also verfallen. Auf Veräußerungs- oder Aufgabegewinne nach § 18 Abs. 4 Satz 1 und 2 UmwStG a.F. entfallende Gewerbesteuermessbeträge bleiben bei der Ermäßigung nach § 35 EStG unberücksichtigt.

Die Steuerermäßigung wird auf die tarifliche Einkommensteuer beschränkt, die anteilig auf die gewerblichen Einkünfte entfällt. Der Ermäßigungshöchstbetrag errechnet sich wie folgt.

Summe der positiven gewerblichen Einkünfte geteilt durch Summe aller positiven Einkünfte multipliziert mit der geminderten tariflichen (Einkommem-) Steuer.

Positive und negative Einkünfte derselben Einkunftsart sind zu saldieren (Horizontaler Verlustausgleich). Eine negative Summe der Einkünfte aus einer Einkunftsart kann nicht mit der positiven Summe der Einkünfte aus einer anderen Einkunftsart verrechnet werden (vertikaler Verlustausgleich). Bei zusammenveranlagten Ehegatten/Lebenspartnern ist für jeden getrennt zu prüfen, ob positive Einkünfte vorliegen. Positive Einkünfte des einen Partners sind nicht mit den negativen Einkünften des anderen aus derselben Einkunftsart zu verrechnen.

Zuständig für die gesonderte Feststellung des anteiligen Gewerbesteuermessbetrags und der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer nach § 35 Abs. 2 EStG ist das für die gesonderte Feststellung der Einkünfte zuständige Finanzamt. Das gilt durch einen gesondert und einheitlich zu erteilenden Grundlagenbescheid auch für die anteiligen Gewerbesteuermessbeträge aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft.

Für die Steuerermäßigung bei Mitunternehmereigenschaften enthält der Verwaltungserlass diverse Regelungen und Erläuterungen. Im Bedarfsfalle sollte das unter der Homepage des Bundesfinanzministeriums veröffentlichte BMF-Schreiben eingesehen werden.

Mit den anschließend dargestellten Berechnungsvergleichen werden die Steuerbelastungen für Kapitalerträge aus Kapitalgesellschaften und die Belastungen Einzelgewerbetreibender  sowie Einkommen ohne Gewerbe- und Kapitalerträge verglichen.  Daraus ergibt sich eindeutig, dass die Ablösung des Halbeinkünfteverfahrens durch die Abgeltungssteuer für die Kapitalerträge keine Besserstellung gegenüber normal besteuerten Einkünften ergibt.

Es stimmt daher nicht wie oftmals behauptet wird, dass Kapitalerträge wie z. B. Dividenden nur mit 25 % Abgeltungssteuer belastet werden, während alle anderen Einkünfte mit 42% bzw. 45 % jeweils zuzüglich StabZu zu besteuern sind. Bei den Diskussionen wird nämlich die Steuerbelastung, die bei der Kapitalgesellschaft entsteht, und die Gewerbesteuer außer Betracht gelassen.

Helmut Laser 





Steuerbelastungsvergleich (Beispiel Gewerbesteuerhebesatz 380 v. H.)

2007

Gewerbesteuer   als BA abzugsfähig   

Kapitalgesellschaft
  (AG, GmbH)

  

Einzelgewerbe-
  treibender

Einkommen ohne Gewerbeerträge und   Kapitaleinkünfte

Gewinn vor (Gewerbe-) Steuern

  

1.000,00

  

1.000,00

  


Gewerbesteuer (Hebesatz 380) 16% des Gewinns vor Steuern

  

-160,00

  

  

-160,00

  

      

Gewinn aus
Gewerbebetrieb

  

840,00

  

840,00 

      

Darauf Körperschaftsteuer 25%

  

-210,00

      

      

Darauf Ergänzungsabgabe 5,5%

  

-11,55

      

      

Ergebnis
nach Steuern (Bardividende)

  

618,45

      

      

Steuerbelastung der Gesellschaft,
Betriebssteuern in
% vom Gewinn vor Steuern  

  


-381,55 €
  38,16 %
 

      


-160,00 
 16,00 %

      

  

Besteuerung beim Anteilseigner

      

  

840,00

  

      

1.000,00

Halbeinkünfte-verfahren (50% der Bardividende) 

  

309,25  

  


  

 

Darauf Einkommensteuer 42% 

  

-129,88  

  

-352,80

  

-420,00

Anrechenbare Gewerbesteuer
Gewerbeertrag X 5% X 1,8

      

  

 75,60

      

Verbleibende Einkommensteuer

                       

 -129,88

 

   
-277,20

   
-420,00

Darauf Ergänzungsabgabe 5,5%

  

-7,14

  

-15,25 

  

-23,10

Steuerbelastung des Anteilseigners,
in % vom Gewinn vor Steuern

  

  -137,02 €
  13,70 %

  

  -292,45 €
   29,24 %

  

  -443,10 €

  

Steuerbelastung insgesamt 
in % vom Gewinn vor Steuern

   
-518,57 €

51,86 %

   
-452,45 €

  45,25 %

 

  

-443,18 €
  44,38 %


Bardividende / Betriebsgewinn abzgl. ESt und EA

   


 481,43 €
 

  


  547,55 €

  


  556,82 €
 

   2008

  Gewerbesteuer als BA nicht abziehbar 

  

Kapitalgesellschaft
  (AG, GmbH)

  

  

Einzelgewerbe-
  treibender

  

  

Einkommen ohne Gewerbeerträge und   Kaperträge 

Gewinn vor   
(Gewerbe-) Steuern  

  

1.000,00

  

1.000,00 

  

  

Gewerbesteuer   
(Hebesatz 380) 13,3% des Gewinns vor Steuern

  

-133,00

  

  

-133,00

  

      

Gewinn aus Gewerbebetrieb   

  867,00

   867,00

   

Körperschaftsteuer   
15% vom Gewinn vor Gewerbesteuer, weil diese als BA nicht abzugsfähig ist  

  

-150,00

  

      

      

Darauf Ergänzungsabgabe 5,5%  

  

-8,25

      

      

Ergebnis nach Steuern (Bardividende)

  

708,75

      

      

  

Steuerbelastung der Gesellschaft mit Betriebssteuern in
% vom Gewinn vor Steuern

  



-291,25 €
 29,13 %

  



  
-133,00 €
  13,33 %

    

Besteuerung beim Anteilseigner

  

auf 708,75

  

auf 1.000,00

   

1.000,00   

Abgeltungssteuer  
25 %  

   -177,19  

  

      

Darauf Einkommensteuer 42%

      

  

-420,00

  

-420,00  

Anrechenbare Gewerbesteuer

Gewerbeertrag X 3,5 % X 3,8  

      

  

133,00

      

Verbleibende Einkommensteuer

   
-177,19

   
-287,00

      

Darauf Ergänzungsabgabe 5,5%

  

-9,74

  

-15,79

  

-23,10

Steuerbelastung des Anteilseigners,

in % vom Gewinn vor Steuern

  

 -186,93 €
  18,69 %

  

  

  -435,79 €
  43,58 %

  

  

  -443,10 €
  
44,31%

  

Steuerbelastung insgesamt 
in % vom Gewinn vor Steuern

  

-478,18 €
  47,82 %

  

  

-435,79 €
  43,58 %

  

  

-443,10 €
  44,31 %

  

Bardividende bzw. Betriebsgewinn abzgl. ESt und EA
  

  

  521,82 €

  

  564,21 €

  

556,90 €