Steuerinfos für Rentner Nr. 96                                                      19.11.2017

Wann sollten Steuerpflichtige, die das 64. Lebensjahr vollendet haben, die Einbeziehung ihrer Kapitaleinkünfte in die Einkommensteuerveranlagung beantragen, auch wenn diese der Abgeltungssteuer unterlegen haben? 
Achtung: Prüfen Sie, ob im Steuerbescheid der Altersentlastungsbetrag vollständig ausgeschöpft wurde, weil dort Fehler gemacht wurden.

Mit Einführung der Abgeltungssteuer von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag sollte die Besteuerung der Kapitalerträge abgegolten sein (§ 32 d EStG). Besteht jedoch ein besonderes Interesse, diese Einkünfte in die Einkommensteuer-Veranlagung einzubeziehen, um eine geringere Steuerbelastung durch Berücksichtigung nicht ausgeschöpfter Freibeträge udgl. zu erreichen, muss dieses mit der Steuererklärung gesondert beantragt werden. Führt dieses nicht zu einer geringeren Steuer als die Abgeltungssteuer, was das Finanzamt von Amtswegen zu prüfen hat (Günstigerprüfung), erfolgt keine Hinzurechnung und es bleibt bei der festgesetzten Abgeltungssteuer.

Die günstigere Besteuerung im Veranlagungsverfahren ergibt sich nicht nur, wenn der Grenzsteuersatz unter 25 % liegt, sondern auch, wenn z.B. der Sparerfreibetrag anderenfalls nicht ausgeschöpft wird oder der Ausgleich von Verlusten nicht möglich ist. Besonderen Einfluss auf eine geringere Besteuerung hat bei Steuerpflichtigen, die das 64. Lebensjahr erreicht haben, die Berücksichtigung des Altersentlastungsbetrages (§ 24 a EStG).

Der Altersentlastungsbetrag ist bis zu einem Höchstbetrag im Kalenderjahr ein nach einem Prozentsatz ermittelter Betrag des Arbeitslohns und der positiven Summe der Einkünfte, die nicht solche aus nichtselbständiger Arbeit sind. Außerdem bleiben bei der Berechnung des Betrages außer Betracht: Versorgungsbezüge gem. § 19 Abs. 2 EStG (z.B. Ruhegehälter, Witwen- oder Waisengelder aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens der Altersgrenze (Betiebsrenten) und Einkünfte aus Leibrenten im Sinne des § 22 EStG (Sozialversicherungsrenten).

Damit kommen bei Rentnern, die keiner freiberuflichen Tätigkeit nachgehen oder Einkünfte aus anderen Einkunftsarten beziehen (Vermietung und Verpachtung), insbesondere die Kapitalerträge für die Ermittlung des Altersentlastungsbetrages in Betracht. Das bedingt aber, dass sie in die Einkommensteuerveranlagung durch Antrag einbezogen werden. Eine Anlage KAP ist daher für alle Kapitaleinkünfte beider Ehegatten auszufüllen, weil das Finanzamt keine andere Info über die abgegoltenen Kapitaleinkünfte erhält und somit von sich aus auch keine Günstigerprüfung durchführen kann.

Der Altersentlastungsbetrag beträgt bei Steuerpflichtigen, die 2004 das 64. Lebensjahr vollendet haben, einen Abzug von 40 % der zu berücksichtigenden Einkünfte, max. 1.900 €, und bleibt für Folgejahre unverändert. Bei Ehepartnern ist der Entlastungsbetrag jeweils nach den eigenen Einkünften zu berechnen und anzuwenden. Haben z.B. beide Ehegatten Kapitaleinkünfte, erhält auch jeder Ehepartner den Entlastungsbetrag bis zum Höchstbetrag. Ggf kann durch Verteilung der Einkünfte auf beide Ehegatten der Abzug optimiert werden.

Wird das 64. Lebensjahr erst nach 2004 vollendet, mindern sich der Prozentsatz und der Höchstbetrag von Jahr zu Jahr bis sie 2040 ganz entfallen (siehe Tabelle).

Ob die Einbeziehung der Kapitaleinkünfte bei einem 64jährigen Rentner, der außer BfA-Rente und Betriebsrente keine anderen Einkünfte bezieht, vorteilhaft ist, lässt sich aus folgenden Beispielen erkennen. 

Dividende 2016

5.000 €

10.000 €

50.000 €

Abgeltungssteuer  + Soli (26,38 %)

1.319 €

2.638 €

13.190 €

Steuerberechnung lt. Veranlagung




Dividende 2016

5.000 €

10.000 €

50.000 €

Sparer-Pauschbetrag

- 801 €

-801 €

-801 €

Bemessungsgrundlage für Altersentlastungsbetrag

4.199 €

9.199 €

49.199 €

Altersentlastungsbetrag (40%, max. 1.900 €)

-1.679 €

-1.900 €

-1.900 €

verbleiben zu versteuern

2.520 €

7.299 €

47.299 €





Steuer beträgt bei einem Grenzsteuersatz in Höhe des




Abgeltungssteuersatzes von 26,38 %

665 €

1.925 €

12.477 €

Durchschnittssteuersatzes von 35,00 %

882 €

2.554 €

16.555 €

Höchststeuersatzes von 47,48%

1.196 €

3.465 €

22.457 €

Bei einem Grenzsteuersatz lt. Veranlagung von 26,38% ergibt sich selbst bei einer Dividende von 50,000 € im Veranlagungsverfahren eine geringere Steuer. Bei einer Dividende von 5.000 € ist auch bei einem Spitzensteuersatz eine Veranlagung günstiger. 

Daher lohnt es sich, vor Ausfüllung der Einkommensteuererklärung nach dem oben angeführten Beispiel eine Überprüfung durchzuführen, ob die Einbeziehung der Kapitaleinkünfte zu einer niedrigeren Steuer führt. Dabei muss bedacht werden, ob auf die Dividende vor Berechnung der Abgeltungssteuer bereits aufgrund eines Freistellungsauftrags ein Sparer-Pauschbetrag von 801 € berücksichtigt wurde und ein Altersentlastungsbetrag bereits durch andere Einkünfte wie z.B. aus Vermietung und Verpachtung ausgeschöpft wurde. Die Beispiele sehen beides nicht vor.

Prüfen Sie nach Eingang des Steuerbescheides, ob der Altersentlastungsbetrag voll berücksichtigt wurde.  Legen Sie innerhalb von 1 Monat Einspruch ein, wenn die Erläuterungen im Steuerbescheid den Hinweis enthalten, dass eine Günstigerprüfung ergeben habe, dass die Besteuerung nach dem allgemeinen Tarif nicht günstiger ist, obgleich ein möglicher Altersentlastungsbetrag im Steuerbescheid nicht bis zum Höchstbetrag abgezogen wurde. 

Der maßgebende Prozentsatz und der Höchstbetrag des Altersentlastungsbetrages sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen (§ 24 a EStG):

Der auf die Vollendung 
des 64. Lebensjahres
folgende Kalenderjahr

 Altersentlastungsbetrag
in % der Einkünfte 

 Altersentlastungs-
Höchstbetrag in Euro 

2005

40,0

1900

2006

38,4

1824

2007

36,8

1748

2008

35,2

1672

2009

33,6

1596

2010

32,0

1520

2011

30,4

1444

2012

28,8

1368

2013

27,2

1292

2014

25,6

1216

2015

24,0

1140

2016

22,4

1064

2017

20,8

988

2018

19,2

912

2019

17,6

836

2020

16,0

760

2025

12,0

570

2030

8,0

380

2040

0,0

0

Eine Gesamtdarstellung über die Abgeltungssteuer und ihre Auswirkungen ab 2009 finden sie unter

www.helmutlaser.de Steuerhinweis für Rentner Nr. 26 und 65.

Nach folgendem Muster können Sie prüfen, ob die Abgeltungssteuer die  für Sie steuerlich günstigere Besteuerungsalternative ist:

Übertragen Sie aus dem zu prüfenden Einkommensteuerbescheid die dort aufgeführten Daten in die Zusammenstellung und tragen Sie für die sich dann ergebenden zu versteuernden Einkommen die Einkommensteuer ein. Diese ermitteln Sie mit dem Einkommensteuerrechner des Bundesfinanzministeriums (www.bundesfinanzministerium/Steuerrechner.de). Aus der Differenz ergibt sich die Einkommensteuerbelastung der Kapitaleinkünfte, die mit der Abgeltungssteuer zu vergleichen ist. Die Berechnung verzichtet aus Vereinfachungsgründen auf den zusätzlich entstehenden Stabilitätszuschlag und eine eventuelle Kirchensteuer. 

Berechnung der Abgeltungssteuer

Ehemann

Ehefrau

Ehemann

Ehefrau

Kapitaleinkünfte

17.800

16.800

17.800

16.800

Abzüglich Sparer-Pauschbetrag-801

-801

-801

-801

-801

zu versteuern

16.999

15.999

16.999

15.999

Abgeltungssteuer 25%

4.249,75

3.999,75

4.249,75

3.999,00

Ehegatten zusammen


8.249,50


8.249,50






Berechnung lt. Steuerbescheid 
in EURO

mit Kapitalerträgen


ohne Kapitalerträge



Ehemann

Ehefrau

Ehemann

Ehefrau

Geburtsjahr 
Altersentlastung in %

1940
40%

1944 33,6%


1944
33,6%

Altersentlastungshöchstbetrag

1.900

1.596


1.596






Einkünfte aus Gewerbebetrieb

-11.400

2.400

-11.400

2.400

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung


1.000


1.000

Einkünfte aus Kapitalvermögen (s.o.)

16.999

15.999

-11.400

3.400

Bemessungsgrundlage Altersentlastung

5.599

19.399

0

3.400

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

54.000


54.000


Sonstige Einkünfte (gesetzliche Renten)

14.000


14.000


Summe der Einkünfte

73.599

19.399

56.600

3.400

Altersentlastungsbetrag

-1.900

-1.596


-1.143

Gesamtbetrag der Einkünfte

71.699

17.803

56.600

2.257

Sonderausgaben der Ehegatten: 
beschränkt abzugsfähig
voll abzugsfähig


8.000
100




8.000
100


verbleiben zu versteuern

63.599

17.803

48.500

2.257

nach Spittingtabelle 2016
zu versteuerndes Einkommen



81.402



50.758

Einkommensteuer nach Tabelle 2016  
Grenzbelastung


18.158
36,15%


8.136
29,24%

Steuerdifferenz = Belastung der Kapitalerträge



10.022


Abgeltungssteuer (s.o)



8.249


Die Abgeltungssteuer ist die um 
günstigere Besteuerungsalternative 



1.773