Helmut Laser                                                      Vereinsbroschüre

Teil 6 Umsatzsteuerbesteuerung gemeinnütziger Vereine

6.0. Umsatzbesteuerung gemeinnütziger Vereine
Auch für Vereine, die vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt werden, gelten die allgemeinen Regeln der Umsatzbesteuerung. Soweit sie daher Leistungen gegen Entgelt erbringen, sind sie Unternehmer und haben - soweit keine Befreiungsvorschriften oder andere Sonderregelungen greifen - für ihre Umsätze Mehrwertsteuer an das Finanzamt abzuführen.
Allerdings bestehen für gemeinnützige Unternehmer eine Reihe von Sonderregelungen, die die Besteuerung mildern bzw. vereinfachen. So gelten für Umsätze im Rahmen von sogenannten Zweckbetrieben Steuerbefreiungen oder es kann der ermäßigte Steuersatz angewendet werden. Ferner ist bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine Vorsteuerpauschalierung zugelassen.

6.1. Nichtbesteuerung als Kleinunternehmer
Außerdem kann ein gemeinnütziger Verein - wie jeder andere Unternehmer - als Kleinunternehmer nach den Regelungen des § 19 UStG behandelt werden. Das bedeutet, dass auf die Erhebung der Umsatzsteuer verzichtet wird, wenn der Gesamtumsatz zuzüglich Umsatzsteuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 € (ab 1.1.2020 auf 22.000 € angehoben) nicht überstiegen hat und im lfd. Jahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird.

Vereine sollten daher genau prüfen, ob sie verpflichtet sind, Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben oder wegen Geringfügigkeit der Umsätze davon befreit sind.

6.2. Abgrenzung zwischen Unternehmens- und Nichtunternehmensbereich
Soweit der Verein lediglich in Erfüllung seines satzungsmäßigen Gemeinschaftszwecks die Gesamtbelange seiner Mitglieder wahrnimmt, sind die dafür erhobenen Mitgliedsbeiträge sowie Spenden und echte Zuschüsse keine Leistungsentgelte im Sinne des Umsatzsteuerrechts. Das gilt auch für Vereine, die nicht als gemeinnützig anerkannt sind.

Erhebt der Verein dagegen Beiträge und Gebühren für eine spezielle Leistung gegenüber dem einzelnen Mitglied oder von Dritten, handelt es sich um Leistungsentgelte, die die unternehmerische Tätigkeit begründen und ggf. der Umsatzbesteuerung unterliegen. Entsprechendes gilt für Zuschüsse, die in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Leistung des Vereins stehen (unechte Zuschüsse) oder wenn der Leistung des Vereins eine Gegenleistung gegenübersteht (z. B. Verpachtung der Vereinsgaststätte gegen Platz- und Hallenbetreuung durch den Gastwirt).

Durch die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie der EU 2006/112/EG ist dieser Grundsatz aufgeweicht worden und inzwischen durch EuGH- und BFH-Rechtsprechung auch auf deutsches Recht angewendet worden, ohne dass bisher das deutsche MWStG bzw. die Umsatzsteuerrichtlinie darauf angepasst wurden. Danach sind Mitgliedsbeiträge bereits dann umsatzsteuerbar, wenn sie dafür gezahlt werden, dass das Mitglied Zugang zu bestimmten Leistungen des Vereins erhält (z. B. Nutzung der Sportanlagen eines Sportvereins). Nunmehr wird ein Leistungsaustausch auch dann bejaht, wenn der Beitrag keiner konkreten Einzelleistung zugeordnet werden kann oder gar dann, wenn das Mitglied das Leistungsangebot nicht annimmt. Diese geänderte Behandlung der Mitgliedsbeiträge kann für den Verein in Einzelfällen durch entsprechende Ausweitung des Vorsteuerabzugs zu erheblichen finanziellen Vorteilen führen (z. B. im Zusammenhang mit größeren Investitionen wie z. B. dem Bau eines Vereinsheims oder einer Sporthalle.

Bei den speziellen Leistungen gegenüber Vereinsmitgliedern und Dritten kann es sich um Leistungen im Rahmen des Vereinszwecks (sogenannte Zweckbetriebe) handeln (z. B. Sportveranstaltungen, Kurse und Sportstättenvermietung) oder um Einnahmen aus einer wirtschaftlichen Betätigung, die nicht unmittelbar dem Vereinszweck dient (z. B. Eigenbewirtschaftung einer Vereinsgaststätte, Werbemaßnahmen im Stadion oder in Vereinszeitschriften, Sportveranstaltungen unter Einsatz bezahlter Sportler). Einnahmen aus solchen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben unterliegen nicht den Begünstigungen, die gemeinnützigen Einrichtungen vorbehalten sind, sondern sind wie die Umsätze anderer nicht gemeinnütziger Unternehmen zu besteuern. Daher sind auch die besonderen Steuerbefreiungsvorschriften und der ermäßigte Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG auf solche Umsätze nicht anzuwenden.

6.3. Abgrenzung zwischen Zweckbetrieb und wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb
Ein begünstigter Zweckbetrieb liegt vor, wenn die Durchführung einer Veranstaltung dem eigentlichen Satzungszweck dient (z. B. Sportkurse und -lehrgänge eines Sportvereins sowie die Sportstättenvermietung an Vereinsmitglieder). Bei sportlichen Veranstaltungen liegt ein Zweckbetrieb vor, wenn die Einnahmen daraus 45.000 € im Kalenderjahr (bis 2012 ggf. 35.000 €) nicht übersteigen. Liegen sie darüber, kann wahlweise ein Zweckbetrieb angenommen werden, wenn bei den Veranstaltungen kein bezahlter Sportler eingesetzt wird. Bezahlte Sportler in diesem Sinne sind solche, die im Monatsdurchschnitt mehr als 400 € Kostenersatz oder Aufwandsentschädigung erhalten. Sportveranstaltungen mit Lizenzspielern sind stets wirtschaftliche Geschäftsbetriebe.

Für Zweckbetriebe gelten verschiedene Steuerbefreiungen und darüber hinaus der ermäßigte Steuersatz von 7%. Der Abgrenzung und Zuordnung kommen daher besondere Bedeutung zu. Die Zuordnung der unterschiedlichen Vereinseinnahmen nach den obigen Grundsätzen kann mit dem Muster (Vordruck C) vorgenommen werden. Dafür sind aus der Vereinsjahresabrechnung die Einnahmen in die entsprechenden Zeilen des Vordrucks einzutragen. Dann ist zu prüfen, ob der Verein die Umsatzgrenzen eines Kleinunternehmers nicht überschritten hat.

6.4. Umsatzsteuerbefreiungen
Für gemeinnützige Vereine sind Einnahmen für wissenschaftliche und belehrende Veranstaltungen unter der Voraussetzung steuerfrei, dass die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden (§ 4 Nr. 22 UStG). Dazu zählt auch der Schwimm-, Tennis-, Reit-, Ski- und Tanzunterricht. Auch andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen gemeinnütziger Einrichtungen sind steuerbefreit, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht (z. B. Startgeld).

Auch die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen im Rahmen der Erziehung, Aus- und Fortbildung von Jugendlichen ist steuerbefreit (§ 4 Nr. 23 UStG). Damit können Einnahmen aus Jugendlagern, Sportcamps von Sportvereinen und Musikwerkwochen von Musikschulen umsatzsteuerfrei sein, wenn sie nur der Kostendeckung dienen.

Außerdem sind aber auch die Befreiungsvorschriften anzuwenden, die nicht von der Anerkennung der Gemeinnützigkeit abhängen. So sind Zinseinnahmen gem. § 4 Nr. 8 UStG befreit. Die Vermietung von Grundvermögen ist gem. § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei, wenn nicht (z. B. bei Vermietungen an Unternehmer) für die Steuerpflicht optiert wird, um ggf. Vorsteuern auf Gebäudeherstellungskosten geltend machen zu können.

Erstellt ein Verein ein Vereinsheim mit Vereinsgaststätte, die verpachtet wird, so kann der Verein die auf diesen Gebäudeteil entfallenden Vorsteuern geltend machen, wenn er die Pacht steuerpflichtig behandelt. Der Pächter ist mit der MWSt in der Regel nicht belastet, weil er sie seinerseits als Vorsteuer abziehen kann. Zu beachten ist jedoch, dass der Verein ggf. auch auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung und der Vorsteuerpauschalierung verzichten muss (Optionsantrag ans Finanzamt stellen). Ferner ist der Verein 10 Jahre an die Steuerpflicht der Pacht gebunden. Anderenfalls muss die Vorsteuer anteilig ans Finanzamt zurückgezahlt werden (§15 a UStG).

6.5. Steuersätze und Rechnungserteilung
Soweit keine Steuerbefreiungen wirken, sind die Umsätze aus Zweckbetrieben gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG dem Steuersatz von 7 % zu unterwerfen. Darüber hinaus gelten aber auch die übrigen Ermäßigungsvorschriften (z. B. Umsätze der Theater, Orchester, Chöre und Museen), ab 1.1.2010 auch die gewerbliche Zimmervermietung durch Hotels und auch andere Unternehmen.

Alle anderen Umsätze, insbesondere auch die aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben unterliegen dem vollen Steuersatz, soweit nicht gegenstandsbezogene Ermäßigungen anzuwenden sind (z. B. für bestimmte Lebensmittel, die nicht zum Verzehr an Ort und Stelle bestimmt sind, oder für Druckerzeugnisse).

Führt der Verein eine Lieferung oder sonstige Leistung gegen Entgelt aus, so ist er berechtigt und bei Umsätzen an andere Unternehmer sogar verpflichtet, innerhalb von 6 Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung zu erstellen (§ 14 UStG). Ausnahme gilt für steuerfreie Umsätze gem. § 4 Nr. 8 bis 28 UStG. Auch eine Gutschrift des Leistungsempfängers gilt als Rechnung, wenn dieses vorher vereinbart wurde.

Die Rechnung muss folgende Angaben enthalten:
- Name und Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
- die Steuernummer bzw. bei Leistungen über die Grenze die USt-Identifikationsnummer,
- eine fortlaufende Rechnungsnummer und das Ausstellungsdatum der Rechnung,
- Menge und handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Ware oder Dienstleistung,
- Zeitpunkt der Leistung, wenn nicht mit dem Rechnungsdatum identisch,
- das nach Steuersätzen aufgegliederte (gekennzeichnete) Entgelt,
- den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag.

Für den Vorsteuerabzug ist Voraussetzung, dass die Vorsteuer durch eine Rechnung in obigem Sinne nachgewiesen wird. Der Unternehmer hat ein Doppel der Rechnungen, die er selbst erstellt hat, und alle Rechnungen, die er erhalten hat, 10 Jahre aufzubewahren (§ 14 a UStG). Ein unrichtiger oder unberechtigter Steuerausweis in einer Rechnung führt dazu, dass der Unternehmer auch den Mehrbetrag schuldet (§14 c UStG).

6.6. Vorsteuerabzug und -pauschalierung
Auf die ggf. entstehende Umsatzsteuerschuld können die damit im Zusammenhang stehenden Vorsteuern abgezogen werden, die ein anderer Unternehmer dem Verein offen in Rechnung gestellt hat. Dabei sind das Nettoentgelt und die MWSt betragsmäßig auszuweisen. Bei
Rechnungen bzw. Quittungen bis 250 € (ab 1.1.2017) genügt für eine Vorsteuerherausrechnung die Angabe des MWSt-Satzes.

Es ist besonders zu beachten, dass die im Nichtunternehmensbereich entstandenen Vorsteuern von denen des Unternehmensbereichs zu trennen sind. Diese Zuordnung muss notfalls im Schätzungswege erfolgen. Ferner muss für die Vorsteuern des Unternehmensbereichs der Teil ermittelt werden, der den steuerfreien Umsätzen zuzuordnen ist. Auch dieses muss ggf. im Schätzungswege erfolgen. Diese Trennung ist erforderlich, weil nur die auf die steuerpflichtigen Umsätze entfallenden Vorsteuern abgezogen werden können. Wegen der Besonderheiten bei Reisekosten siehe Teil 7 Lohnversteuerung von Arbeitnehmern.

Um diese Problematik den Vereinen abzunehmen, besteht die Möglichkeit der Vorsteuerpauschalierung (§ 23 a UStG). Diese gilt aber nur, wenn der steuerpflichtige Vorjahresumsatz 35.000 € nicht überstiegen hat. Die pauschale Vorsteuer beträgt dann 7 % der steuerpflichtigen Umsätze. Hat der Verein nur ermäßigt zu besteuernde Umsätze, ergibt sich eine pauschale Vorsteuer (Vorsteuer zum Durchschnittsatz von 7%) in Höhe der Umsatzsteuerschuld, so dass gegenüber dem Finanzamt keine Zahllast entsteht. Liegen die Pauschalierungsvoraussetzungen vor, kann dem Finanzamt spätestens bis zum 10. Tag nach Ablauf des ersten Voranmeldungszeitraums eines Kalenderjahres (bei Vierteljahreszahlern bis zum 10. April) erklärt werden, dass der Durchschnittsatz angewendet werden soll. An diese Wahl ist der Verein dann 5 Jahre gebunden.

Die Frage, ob eine Vorsteuerpauschalierung zulässig ist, hängt von der Umsatzhöhe ab. Erst wenn eine Pauschalierung zulässig ist, kann geprüft werden, ob eine Option sinnvoll ist. Dabei sollte der gesamte 5-Jahreszeitraum betrachtet werden. Ergibt sich z. B. in einem Jahr ein hoher Vorsteuerabzug z. B. durch größere Investitionen, sollte die Pauschalierung ggf. erst ab dem Folgejahr beantragt werden. Für diese Überlegungen kann ebenfalls das Muster (Vordruck C) verwendet werden. Ein Widerruf der Pauschalierung ist erst nach Ablauf der 5-jährigen Bindefrist und nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres zulässig. Eine erneute Anwendung des Vorsteuerdurchschnittssatzes ist dann frühestens nach Ablauf von weiteren 5 Jahren möglich.

6.7. Erklärungspflichten bei Entstehung einer Steuerschuld
Ergeben sich für den Verein ans Finanzamt abzuführende Umsatzsteuerbeträge, ist er verpflichtet, bis zum 10. des auf den Voranmeldungszeitraum folgenden Monats Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben und zusätzlich nach Ablauf des Kalenderjahres eine Umsatzsteuererklärung (bis 31.5.) einzureichen. Ggf. kann ein Fristverlängerungsantrag beim Finanzamt gestellt werden.

Für Vereine und andere Unternehmer ist ab 2010 durch § 13b UStG für die Lieferung von Schrott und andere Altmetalle eine Verlagerung der  Steuerschuld auf den Schrotthändler als Leistungsempfänger eingeführt worden, die aber nicht für Kleinunternehmer im Sinne von § 19 Abs. 1 UStG gilt.

Der Voranmeldungszeitraum ist grundsätzlich das Kalendervierteljahr. Hat der Vorjahressteuerbetrag jedoch 7.500 € überstiegen, sind monatliche Voranmeldungen abzugeben. Hat der Vorjahressteuerbetrag 1.000 € nicht überstiegen, kann das Finanzamt den Verein auf Antrag von der Abgabe der Voranmeldungen befreien. Die Besteuerung erfolgt dann mit der Jahressteuererklärung. Bei erstmaliger Begründung einer unternehmerischen Tätigkeit sind im ersten und Folgejahr seit 2002 unabhängig von der Wertgrenze monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben.

Die Umsatzsteuer-Voranmeldung ist elektronisch über das ElsterOnline-Portal vorzunehmen (www.elsteronline.de/eportal). Seit 1.1.2013 ist die elektronische Anmeldung nur noch mit Authentifizierung zulässig.

Umsatzszeuer-Voranmeldung und -Steuererklärung für 2019
Durch BMF-Schreiben vom 14.12.2018 wurden die geänderten Vordrucke für die Voranmeldung und Erklärung der Umsätze des kommenden Jahres bekannt gegeben.
Dabei wurden die durch das Gesetz zur "Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel im Internet und zur Änderung weiterer steuerlichen Vorschriften vom 11.12.2018" erfolgten Gesetzesänderungen berücksichtigt.
Mit Wirkung vom 1.1.2019 wurden die Regelungen zur Bestimmung des Orts von sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, von Rundfunk- und Fernsehdienst-leistungen und von auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen (§ 3 a Abs 5 UStG) geändert. Sie werden in den genannten BMF-Schreiben beschrieben und für die Ausfüllung der genannten Vordrucke erläutert.

6.8. Gesetzesänderung zur Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand (Erg. 5.12.2018)
Die Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts war bis zum 31.12.2016 durch § 2 Abs. 3 UStG dahingehend geregelt worden, dass diese nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art lt. Körperschaftsteuerrecht und ihrer land- und forstwirtschaflichen Betriebe als gewerblich oder beruflich im Sinne des Umsatzsteuerrechts tätig sind. Sie waren somit auch nur in diesem Rahmen zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Diese Vorschrift wurde ab 1.1.2017 durch den neuen § 2 b UStG ersetzt.

Juristische Personen des öffentlichen Rechts (z. B. Gemeinden und Kreise) gelten nicht als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn dabei Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erhoben werden.

Dieser Grundsatz, dass keine Unternehmereigenschaften vorliegen, gilt nicht, sofern eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Solche größeren Wettbewerbsverzerrungen liegen insbesondere nicht vor, wenn
- der aus gleichartigen Tätigkeiten erzielte Umsatz der KöR im Kalenderjahr vorraussichtlich 17.500 € nicht übersteigen wird (also kein Unternehmer wie bei Kleinunternehmen des § 19 UStG)), oder
- vergleichbare, auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistungen ohne Recht auf Verzicht (§ 9 UStG) einer Steuerbefreiung unterliegen (z. B. Mietumsätze an nicht vorsteuerabzugsberechtigte Privatpersonen).

Keine größere Wettbewerbsverzerrungen liegen bei Leistungen an eine andere KöR vor, wenn
- diese aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur von KöR erbracht werden können oder
- die Zusammenarbeit durch gemeinsame spezifische Interessen bestimmt wird (langfristige öffentlich-rechtliche Vereinbarungen zum Erhalt der öffentlichen Infrastruktur ausschließlich gegen Kostenerstattung und gleichartige Leistungen im Wesentlichen an andere KöR erbracht werden).

Die folgenden Tätigkeiten, die eine KöR ausgeübt, begründen stets die Unternehmereigenschaft:
- Die Tätigkeit der Notare im Landesdienst,
- die Abgabe von Brillen usw. durch Selbstabgabestellen der gesetzlichen Sozialversicherungsträger,
- die Leistungen der Vermessungs- und Katasterbehörden bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Landesvermessung und des Liegenschaftskatasters,
- die Tätigkeit der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung bei Aufgaben der Martktordnung usw..

Übergangsregelung nach § 27 Abs. 22 UStG
gab den KöR bis zum 31.12.2016 die Optionsmöglichkeit, gegenüber dem Finanzamt zu erklären, dass sie für sämtliche vor dem 1.1.2021 ausgeführte Leistungen die alte Rechtslage weiter anwenden wollten. Wurde diese Ausschlussfrist nicht wahrgenommen, gilt ab 1.1.2017 das neue Recht.

Welche Bedeutung hat die Gesetzesänderung für praktische Anwendungsfälle?
Ob eine Unternehmereigenschaft einer KöR vorliegt, hängt nach der geänderten Rechtslage insbesondere davon ab, ob die Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Dabei kann es für eine KöR insbesondere bei Großprojekten wie z.B. Erstellung einer Veranstaltungshalle für Sportveranstaltungen, Konzerten und anderen Events von Bedeutung sein, ob die dabei entstehenden MWSt- Beträge einem Unternehmensbereich zuzuordnen sind und ggf. zum Vorsteuerabzug berechtigen und dadurch die Investitionen entsprechend entlastet werden.

Vermietet die KöR eine solche Halle, so wäre eine Option zur Nichtanwendung der Befreiungsvorschrift für Mietumsätze nach § 4 Nr.12 UStG notwendig, damit die für die Baukosten berechneten MWSt-Beträge als Vorsteuern abzuziehen sind. Diese Option ist nach § 9 UStG jedoch nur möglich, wenn die Vermietung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen erfolgt. Ist der Leistungsempfänger nicht unternehmerisch tätig oder Kleinunternehmer gem. § 19 UStG, bleibt der Umsatz der KöR steuerfrei und führt wie oben dargestellt nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen.

Nach neuem Recht ist daher erst bei Überschreiten der 17.500 €- Grenze oder Bewirkung von steuerfreien Umsätzen, die eine Option zur Steuerpflicht ermöglichen (Vermietung an einen Unternehmer) die Frage zu entscheiden, ob größere Wettbewerbsverzerrungen eintreten und die KöR deswegen die Erstellung einer Halle im Unternehmensbereich bewirkt.

In seinem Urteil vom 12.5.2016 hatte der Europäische Gerichtshof bei einer Schülerbeförderungsleistung einer Kommune den Vorsteuerabzug versagt, weil lediglich 3% der Transportkosten durch Entgelte der Eltern gedeckt wurden und dieses Verhältnis zwischen Kosten und Einnahmen gegen ein markttypisches Verhalten spreche. Die Gemeinde trete daher weniger als ein Unternehmer, sondern vielmehr als Endverbraucher auf.

Demgegenüber entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 18.11.2017 zu Gunsten der Stadt, dass auch bei nicht Kosten deckenden Entgelten aus der Überlassung einer Sporthalle u.a. an Vereine eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuerrechts anzunehmen sei, so dass der Stadt das Vorsteuerabzugsrecht aus den Herstellkosten der Sporthalle zu gewähren sei. Das Gericht vertritt die Auffassung, dass das Verhalten der Stadt bei dem Betrieb der Sporthalle markttypisch sei, weil das Nutzungsentgelt und die Nutzungsbedingungen den üblichen Bedingungen bei dem Betrieb kommunaler Sporthallen entsprächen. In solchem Fall führe eine Asymetrie zwischen Einnahmen und Kosten nicht zur Versagung des Vorsteuerabzugs.

Die Konsequenz aus dieser Rechtsprechung ist, dass zur Annahme einer Unternehmereigenschaft ein markttypisches Unternehmerverhalten vorliegen muss und der Kostendeckungsgrad dabei ein wesentliches Indiz sein kann. Daher wird nur in jedem Einzelfall nach der Vertragslage (Nutzungsbedingungen und Entgeltsvereinbarung) und deren Durchführung eine Entscheidung zu treffen sein, ob die KöR die Halle im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit errichtet und nutzt. Diese Frage ist jedoch ohne Bedeutung, wenn die KöR die Umsatzgrenze von 17.500 € nicht übersteigt oder diese Umsätze die Voraussetzungen für eine Steuerpflicht (Option gem. § 9 UStG) nicht erfüllen.
Es ist zu hoffen, dass ein noch erwarteter Erlass des Bundesfinanzministeriums den Finanzämtern diese Einzelfallentscheidung erleichtert. 

6.9. Änderung umsatzsteuerlicher Vorschriften durch das Jahressteuergesetz 2019 ab 1.1.2020

1.   Ausfuhrlieferungen
im nichtkommerziellen Reiseverkehr (insbesondere in die Schweiz) werden ab 1.1.2020 erst ab einem Rechnungsbetrag über 50 € freigestellt (§ 6 Abs. 3a UStG).


2.   Innergemeinschaftliche Lieferungen
erhalten ab 1.1.2020 verschärfte Voraussetzungen für die Steuerbefreiung (§ 6a Abs. 1 Satz 1 UStG).

3.   Für das Reihengeschäft und das Konsignationslager
werden die umsatzsteuerlichen Regelungen der sog. Quick Fixes festgeschrieben (§ 3 Abs. 6a UStG und § 6b UStG).

4.   Zur Bekämpfung der Umsatzsteuerhinterziehung
wird ab 1.1.2020 die Möglichkeit der Ablehnung von Steuerbefreiungen und die Versagung des Vorsteuerabzugs eingeführt (§ 25f UStG).

5.   Erzeugnisse für Zwecke der Monatshygiene
unterliegen künftig dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % (Nr. 55 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG).

6.   Bücher, Zeitungen und Zeitschriften in elektronischer Form
sollen künftig mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz besteuert werden (§ 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG). Das gilt auch für die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern usw. enthalten. 

7.  Kleinunternehme-Grenze ab 1.1.2020 auf 22.000 € angehoben.

8. Einzweck- oder Mehrzweck-Gutscheine
Die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen ist 2019 zwecks Anpassung an das EU-Recht durch Ergänzung des § 3 UStG um die Absätze 13 und 14 neu geregelt worden. Danach ist ein Gutschein ein Instrument, bei dem die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers auf dem Papier angegeben sind.
Ein Gutschein, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Umsatzsteuer zum Zeitpunkt seiner Ausstellung feststehen, ist ein Einzweckgutschein. Die Übertragung des Gutscheins gilt als Lieferung oder Erbringung der sonstigen Leistung und ist mit den zu diesem Zeitpunkt geltenden Steuersätzen zu besteuern. Die spätere Einlösung führt zu keiner Änderung der Besteuerung.
Ein Gutschein, der nicht die Bedingungen des Einzweckgutscheins erfüllt, ist ein Mehrzweckgutschein, dessen Übertragung nicht der Umsatzbesteuerung unterliegt. Bei Verwendung des Gutscheins unterliegt die tatsächliche Lieferung oder sonstige Leistung, für die der leistende Unternehmer den Mehrzweckgutschein als Gegenleistung annimmt, der Umsatzbesteuerung.

6.10. Begrenzte Senkung des Umsatzsteuersatzes für Gastronomiebetriebe und des Umsatzsteuersatzes für die Zeit vom 1.7. bis 3112.2020  im Rahmen der Corona-Krise

Mit dem am 3.6.2020 beschlossenen Konjunkturpaket hat die Große Koalition für Umsätze, die ab 1.7. bis zum 31.12.2020 getätigt werden, eine Senkung des allgemeinen Mehrwertsteuersatzes (einschließlich des Steuersatzes für land- und forstwirtschaftliche Betriebe) von 19 auf 16 % und für die begünstigten Umsätze im Sinne des § 12 Abs. 2 UStG von 7 auf 5 % vorgesehen.

Durch das Corona-Steuerhilfegesetz war bereits Anfang Mai 2020 eine Erweiterung des § 12 Absatz 2 des UStG um die Ziffer 15 beschlossen worden. Danach unterliegen alle in der Zeit vom 1.7.2020 bis 30.6.2021 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken, dem ermäßigten Steuersatz. Die Senkung des ermäßigten Steuersatzes von 7 auf 5 % betrifft somit auch die Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen für den Rest des Jahres, so dass der Umsatzsteuersatz für diese Umsätze ab 1.7.2020 sich sogar um 14 %-Punkte reduziert, allerdings ab 1.1.2021 dann wieder auf 7 % steigt.

Die von dieser Regelung betroffenen Unternehmer müssen zum 1.7.2020 und 1.7.2021 sowie zusätzlich zum 1.1.2021 ihre Umsätze entsprechend abgrenzen und für die unterschiedlichen Steuersätze erfassen. Maßgebend ist jeweils der Zeitpunkt der Warenlieferung bzw. der Dienstleistung. Die innerhalb eines Jahres eintretenden Änderungen stellen sich wie folgt dar:

Umsatzsteuersätze des   Hotel- und Gaststättengewerbes

 
  bis 30.6.2020 

1.7. 2020 bis 31.12.20

1.1.2021 bis 
30.6.21

Dauervermietung von Wohn- und Schlafräumen ohne Hoteldienstleistungen

       steuerfrei 

§ 4 Nr.12 

UStG

Vermietung von Wohn- und Schlafräumen zur kurzfristigen Beherbergung *)

7%

5%

7%

Gastronomieleistungen  (Hotelfrühstück, Restaurantleistungen mit Ausnehme der Abgabe von Getränken) **)

19%

5%

7%

Getränke als Gastronomieleistungen

19%

16%

19%

Speisen und Getränke der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 UStG
 to go (außer Haus)

7%

5%

7% 

*) § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG   **) § 2 Abs. 2 Nr. 15 UStG (Corona-Steuerhilfegesetz)  

Für die obigen Steuersätze ergeben sich aus dem Umsatz einschließl. MWSt folgende Heraus-rechnungssätze bzw. Divisoren zur Errechnung der Bemessungsgrundlage

MWSt-Satz

19%

16%

7%

5%

MWSt-Herausrechnungsfaktor aus Bruttoentgelt

15,97% 

13,79% 

6,54% 

4,76% 

Divisor zur Ermittlung der Bemessungsgr. aus Bruttoentgelt

1,19

1,16

1,07

1,05

Aus der Differenz der Herausrechnungssätze ergeben sich die Ersparnisse aus der MWSt-Senkung für den Unternehmer bzw. bei entsprechender Preissenkung für den Kunden.

Für das Abrechnungsverfahren und die Umstellungszeitpunkte ergeben sich jedoch außerdem noch diverse Fragen und notendige Vereinfachungsregelungen. Diese werden in einem koordinierten Verwaltungserlass vom 30. Juni 2020 umfangreich dargelegt.läutert. Einzelheiten ergeben sich aus dem Steuerhinweis für Rentner Nr. 130.